4 Voraussetzungen für die B Corp-Zertifizierung

Was sind – nebst Commitment und Einsatz – wichtige Voraussetzungen für die B Corp-Zertifizierung? Worauf ist zu achten, bevor ein Unternehmen den Weg beschreitet?

 

In diesem Post gehe ich auf folgende Punkte ein:

 

  1. Änderung der Satzung im Gesellschaftsvertrag
  2. Das B Impact Assessment mit mindestens 80 Punkten abschließen
  3. Bereitschaft zur Investition, über die Kosten der Zertifizierung hinaus
  4. Geduld!

 

Es gibt nicht viele “harte” Voraussetzungen für die B Corp-Zertifizierung. Im Grunde sind zum Start vor allem zwei wesentlich: das B Impact Assessment mit mindestens 80 Punkten abschließen und die Satzungsänderung im Gesellschaftsvertrag vornehmen. Darüber hinaus gibt es noch zwei weitere Punkte. Sie sind keine Voraussetzung im klassischen Sinne, aber essentiell für das Erwartungsmanagement hinsichtlich des Kosten- und Zeitaufwands zu Beginn der B Corp-Reise.

 

1. Änderung der Satzung im Gesellschaftsvertrag

 

Die erste und zentrale Voraussetzung ist die Erfüllung der rechtlichen Anforderung. Hierzu werden Gesellschaftszweck und Unternehmensgegenstand dahingehend ergänzt, dass das Unternehmen verpflichtend die Interessen der verschiedenen Stakeholder-Gruppen (Aktionäre, Mitarbeitenden, Kund*innen, Gesellschaft, Umwelt) berücksichtigt. Da diese Änderung einen substantiellen Eingriff in die DNA einer Gesellschaft darstellt, sollte dieser Punkt möglichst früh im Prozess besprochen und das Einverständnis aller Gesellschafter*innen (und ggf. Investoren und Vorstände) eingeholt werden. Bestenfalls noch bevor das B Impact Assessment gestartet wird. 

Der genaue Wortlaut für die Satzungsänderung kann hier eingesehen werden (dazu den entsprechenden Länderfilter anwenden).

 

 

2. Das B Impact Assessment mit mindestens 80 Punkten abschließen

 

Da die B Corp-Zertifizierung auf einem Punktesystem beruht, müssen Unternehmen im B Impact Assessment mindestens 80 Punkte von möglichen 200 Punkten erreichen, um für die Zertifizierung zugelassen zu werden. Eine Einführung in das B Impact Assessment habe ich in diesem Artikel gegeben.


3. Bereitschaft zur Investition, über die Kosten der Zertifizierung hinaus

 

Die Kosten der B Corp-Zertifizierung an sich sind überschaubar. Es handelt sich dabei um eine einmalige “Submission Fee” über 250 EUR nach Einreichung des B Impact Assessment und einen jährlichen Mitgliedsbeitrag, der sich am Umsatz des Unternehmens orientiert. Dieser beträgt maximal 1 % des Umsatzes (wenn der Umsatz mind. 100.000 EUR beträgt), Tendenz sinkend mit steigendem Umsatz. Ab einem Umsatz von 100 Mio. EUR beträgt die Gebühr z.B. nur noch 0,03 %. Die konkrete Preisstaffel ist hier zu finden. 

 

Was Unternehmen darüber hinaus oft nicht mit einkalkulieren, sind die Kosten für die Umsetzung von neuen Richtlinien und Prozessen. Insbesondere Unternehmen, die kein Impact Business Model und eine Ausgangspunktzahl um die 50 haben, sollten bereit sein ein gewisses Budget einzukalkulieren. Wenn z.B. eine Ökobilanzierung mithilfe einer externen Agentur vorgenommen, ein Fortbildungsbudget für alle Mitarbeitenden vereinbart oder ein nachhaltigerer Produktionsprozess entwickelt wird, dann sind die Kosten dafür nicht zu vernachlässigen.

 

Zu berücksichtigen sind zudem die Kosten für das Personal, die durch den Zeitaufwand der am Projekt beteiligten Personen entstehen und ggf. Kosten für externe B Corp-Beratung. 

 

Eine grobe Hausnummer zu nennen ist an dieser Stelle nicht möglich, da viele Faktoren Einfluss auf die Rechnung nehmen, wie personelle Kapazitäten, Größe des Unternehmens oder auch der Zeitrahmen, in welcher Unternehmen die Zertifizierung anstreben. Um aber eine erste Einschätzung zu geben, hier die Erfahrung von Marcel Pietsch-Khalili, Geschäftsführer der seit 2019 B Corp-zertifizierten PNZ Produkte GmbH (ca. 45 Mitarbeitende):

 

Wenn man die Kosten der Zertifizierung realistisch betrachtet, dann spielen die Lizenzgebühren des B Lab keine wirkliche Rolle mehr; den meisten Aufwand erzeugt die Bindung der Mitarbeitenden im Prozess. Wir sind eine 45-köpfige Mannschaft und wir schätzen, dass wir etwa 200 Personenstunden in die Strategiefindung und 350 Personenstunden in die Erarbeitung des B Impact Assessments investiert haben.

 

4. Geduld

 

Das hört sich banal an, ist allerdings eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen (und vor allem wertstiftenden!) Prozess. 

 

„Geduld“ meint einerseits ganz konkret die längere Wartezeit, auf die sich Unternehmen einstellen sollten. Zurzeit (Stand Juni 2021) steigt die Nachfrage nach der Zertifizierung stark, daher beträgt die Wartezeit ab dem Zeitpunkt der Einreichung des B Impact Assessments bis zu 9 Monate. 

 

Hier die Übersicht über den gesamten Prozess ab Einreichung des Assessments:

 

Voraussetzungen B Corp-Zertifizierung

 

Geduld meint andererseits auch die Art und Weise wie das B Impact Assessment genutzt wird. Ich rate davon ab, die B Corp-Zertifizierung als einmaliges Projekt oder gar nur einen Meilenstein zu betrachten, den es so schnell wie möglich zu erreichen gilt. Wenn dem so ist, schöpfen Unternehmen nur einen Bruchteil des Potentials aus, das das Assessment bietet. Viele Prozesse und Richtlinien können zwar recht schnell implementiert werden, aber solange diese nicht auch den inneren Haltungswechsel (“Mindset Shift”) nach sich ziehen, sind die positiven Effekte des Prozesses limitiert. Dies macht sich in der Regel spätestens vor der Re-Zertifizierung nach drei Jahren bemerkbar, die für viele eine größere Herausforderung als die Erstzertifizierung darstellt. Betont sei in diesem Kontext, dass B Corp ein „Movement of Improvement“ ist :).

 

Das übergeordnete Ziel von B Lab und der gesamten B Corp-Bewegung ist der Systemwandel: weg von einer Wirtschaft, von der nur einige wenige profitieren hin zu einer Wirtschaft, die inklusiv ist. In diesem Kontext ist die Zertifizierung “nur” das Mittel, um dieses auf der praktischen Ebene voranzutreiben. B Lab ist in dieser Hinsicht nicht als normaler Zertifizierungsanbieter zu betrachten.

 

Die B Corp-Zertifizierung braucht eine gewisse Zeit. Damit geht ein hohes Maß an Sorgfalt und Gründlichkeit einher, wie der reglementierte, mehrstufige Prozess zeigt. Dies sollte in der abschließenden Betrachtung vor allem positiv bewertet werden.